Atlantiküberfahrt

Von Dakar aus setzen wir zum Sprung über den großen Teich an.

Kaum haben wir den Hafen verlassen, ziehen Wolken auf, es regnet und die Wellen werfen uns an den folgenden Tagen etwas hin und her, was sich bald aber wieder legt.
Die befürchtete Seekrankheit hält sich Gott sei Dank in Grenzen!

Wir verbringen unsere Zeit mit:
div. Reiseführer lesen, auf´s Meer gucken, Versuchen, die Schwärme von fliegenden Fischen zu fotografieren (erfolglos! zu schnell und zu klein!) und Wäsche waschen (erfolgreich und dringend notwendig). In Äquatornähe tauchen Seeschwalben auf, die das Schiff immer wieder ein Stück begleiten und uns abenteuerliche Flugkunststücke zeigen.
Außerdem können wir das Herz des Schiffes, den Maschinenraum, besichtigen. Die dazugehörigen bulgarischen Ingenieure, die allesamt am Schwarzen Meer wohnen, erklären uns alles ausführlich, geduldig und sehr freundlich (- an dieser Stelle nehmen wir alle hier jemals gemachten Vorurteile gegen Bulgaren zurück und behaupten das Gegenteil!).
Nicht zu vergessen: gemeinsam mit unseren Lieblingsbasken, Maria-Carmen und Julien, waren wir auch mal „unbeaufsichtigt“ auf der Brücke (allerdings noch im Hafen von Dakar). Sowas verleitet direkt dazu, nur noch Blödsinn zu machen: mal ein paar Knöpfe drücken, was anderes auf´s Whiteboard schreiben, kurz mal aus dem Hafen fahren… haben wir natürlich nicht gemacht – waren aber kurz davor!

Die Äquatorüberquerung wird mit einem gemeinsamen Asado, quasi einem Grillabend, feierlich begangen.
Am Nachmittag werden zwei Grills auf Deck festgezurrt, Holz herbei geschleppt und das Ganze wird vom italienischen Chiefmate mit Leuchtraketen angezündet, bis es richtig Feuer gefangen hat. (Der Chiefmate hat später dann auch persönlich (und mit sichtlichem Vergnügen) gegrillt und weder Antonio noch Burkhard an die Grillzange gelassen!)

Anschließend wird eine große Tafel mit weißen Tischdecken aufgebaut, alles ebenfalls festgezurrt (der Wind bläst noch ordentlich!) und dann passt das schon. Teller, Besteck & Gläser werden erst kurz vorher gedeckt… sicher ist sicher.
Am Abend kommen dann alle zum Essen zusammen: die bulgarischen Ingenieure, die italienischen Offiziere und Kadetten, die philippinischen Matrosen und die französisch-spanisch-schweizerdeutschen Passagiere, um gemeinsam Reis, Pommes, Würstchen & totes Tier zu essen.
Als Tischdame des Kapitäns erfahre ich ein paar interessante Dinge: er arbeitet mittlerweile seit 11 Jahren als Frachtschiffkapitän (immer im Turnus 4 Monate auf See /2 Monate zuhause); er ist gebürtiger Sizilianer, lebt aber in Brasilien; alle 4 Monate setzt sich die Mannschaft quasi komplett neu zusammen; die philippinischen Matrosen arbeiten im Turnus 8 Monate auf See /2 Monate zuhause; der Frachter tankt immer in Hamburg oder Antwerpen, weil dort der Kraftstoff am besten ist; argentinische Häfen sind chaotischer als afrikanische.
Anschließend packen wir noch auf Wunsch des Chiefmates Gitarre & Liederbücher aus und es wird gemeinsam bei Sonnenuntergang bzw. in der Dämmerung gesungen und getrunken. Mittlerweile können wir uns fast schon ein Leben als Frachtschiffmusikanten vorstellen.

Nach weiteren drei Tagen auf See, bereits kurz vor der brasilianischen Küste, sichten wir die ersten Orcas und Wale.
Teilweise tauchen sie sogar in unmittelbarer Nähe unseres Frachters auf, um mal kurz Luft abzulassen. Andere bleiben in sicherer Entfernung, drehen sich mit viel Schwung um die eigenen Achse und lassen sich wieder ins Wasser platschen. Wir sind beeindruckt.

Auch die obligatorische Feueralarm- bzw. Das-Schiff-sinkt-Übung absolvieren wir erfolgreich: alle Passagiere sammeln sich am Rettungstreffpunkt, besteigen das Rettungsboot, lassen sich erklären, wie man es startet, wo sich die Notration Essen/Wasser befindet und wie man sich korrekt anschnallt. Währenddessen übt der Rest der Crew Löschen, Erste Hilfe und Strammstehen.

Ihr seht, auf so einer Frachtschifffahrt ist immer was los. Langweilig wird´s hier nie!

P.S.:
Zum Abschluss unserer Atlantiküberquerung haben wir übrigens noch ein Passagier-Tischfußballturnier ausgerichtet. (Typisch Burkhard! Von einem bunten Abend mit Sackhüpfen und Eierlauf konnte ich ihn gerade noch so abbringen!)
Unglaublicher Weise kamen wir trotz vier linker Hände auf Platz 2. Die Schweiz war dann doch besser- sozusagen das Wunder von Zürich. Das Baskenland belegte Platz 3, und France 2 und France 1 die restlichen Plätze.
Zur Feier des Tages gab´s den Rest vom Bier der Äquatorüberquerung.