Chile / großer Norden

Da unser Toyota dummerweise nur Platz für Zwei hat, wir ab jetzt aber zu Dritt unterwegs sind, mieten wir uns für die nächsten Wochen einen schicken „Wicked Camper“ an.

Immer Richtung Norden, der Pazifikküste entlang, fahren wir nach „Punta de Choros“.

 

Von dem kleinen Fischerdorf aus, machen wir einen Ausflug in das „Reserva Nacional Pingüinos de Humboldt“, einem Naturschutzgebiet in dem man neben kleinen Humboldt-Pinguinen, Seelöwen und mit etwas Glück auch Wale sehen kann.
Mit dem Boot geht es zur Insel Damas und wir haben Glück – in unserer Nähe blasen Wale ihre Fontänen in die Luft und tauchen kurz auf! Allerdings zu kurz zum Fotografieren…

Über die Küstenroute fahren wir weiter in den „Parque Nacional Llanos de Challe“.
An der schönen „Playa Blanca“ gibt es einen netten Campingplatz, an dem wir ein paar Tage bleiben. Das Meer ist strahlend blau, aber leider nicht zum Schwimmen geeignet: zu kalt und zu unberechenbar sind hier die Strömungen.

Ab jetzt steigen wir wieder die Höhe:
unser nächstes Ziel ist der „Parque Nacional Nevada de Tres Cruces“.
Der Park ist einer der schwieriger zu erreichenden Parks in den Hochlanden. Aber, wer es bis hierher schafft, wird mit spektakulären Landschaften, mit Bergen von über 6000m Höhe und mit einem Blick auf den höchsten aktiven Vulkan der Erde – dem Ojos del Salado belohnt.

Auf dem Weg dorthin, legen einen ersten Übernachtungsstopp auf 2700 m ein, um uns an die Höhe zu gewöhnen.

Am folgenden Tag fahren weiter wir zur Laguna Santa Rosa.
Sie liegt auf 3800 m und an ihrem Ufer tummeln sich zahlreiche Flamingos. Die Nacht ist sternenklar, aber eiskalt – uns gefriert das Trinkwasser in den Flaschen…im Auto…

 

Aufgrund der Höhenlage und der dadurch bedingten unruhigen Nacht sind wir alle ziemlich gerädert. Trotzdem geht es nach dem Frühstück zügig weiter Richtung „Paso de San Francisco“ (4800 m), denn dort wollen wir über die Grenze, um ein paar Tage in Argentinien zu verbringen.
Vorher passieren wir noch auf 4200 m die „Laguna Verde“, einen smaragdgrünen See, in dem es kaum Tiere gibt, weil der Salzgehalt des Wassers so hoch ist.

Nicht nur uns macht die die Höhe etwas zu schaffen, auch unser Cruiser ächzt vor sich hin: er qualmt in allen Farben und ab und zu fährt er unruhiger und holpriger als gewöhnlich.
Der angemietete Wicked Camper kämpft mehr mit den schlechten, unbefestigten Wegen als mit der Höhe und fährt zügig unserer kleinen Kolonne voran.
Ok. Was so ein kleiner Mitsubishi-Camper kann, kann ein Toyota schon lange! Fuß auf´s Gas und los! Schließlich wollen wir ja auch irgendwann mal ankommen.
Der Arme quält sich hoch und gibt lautstark alles – und es kommt wie es kommen muss…

… auf 4700 m gehen plötzlich sämtliche Warnlichter an…
… es riecht verschmort und sehr viel weißer Qualm quillt aus der Motorhaube….

!!! Vollbremsung!!!

… kurz warten…und Motorhaube auf…wir sind auf´s Schlimmste gefasst!

Ein prüfender Blick in den Motorraum zeigt:
beide Wasserschläuche haben sich komplett verabschiedet und sind samt Schlauchschellen abgesprungen!

Auwei! Eine Panne auf dieser Höhe… – uns brummt sowieso schon der Schädel und keine Menschenseele in Sicht!
Um uns herum nur viel blauer Himmel, sauerstoffarme Luft, viel Sand, Steine und hohe schneebedeckte Berge…
(Wer jetzt welches Auto gefahren hat, wird an dieser Stelle nicht verraten…)

Ok. es hilft alles nichts. Lenny geht erfolgreich auf die Suche nach den abgesprungenen Schlauchschellen, die Schläuche sind auch schnell gefunden (glücklicherweise noch ganz!), ich fülle ein paar Wasserflaschen, Burkhard & Lenny basteln alles wieder zusammen und schütten fehlendes Wasser nach.

Alles ist jetzt repariert und mit Spannung erwarten wir den großen Moment….
… sicherheitshalber reden wir unserem Cruiser vorher noch gut zu und streicheln ihn ein wenig…
… Zündung an…
… und…
… der Cruiser läuft wieder!!! Gutes Auto!!!
(Wer an dieser Stelle glaubt: DIE haben aber viele Probleme mit ihrem Cruiser, sollte sich mal Reiseberichte von Landrover-Besitzern anschauen…)

Ab jetzt fährt Burkhard den Cruiser.
Es geht die letzten hundert Höhenmeter langsam und vorsichtig bis zum Paso de San Francisco weiter. Diesmal ist die Klimaanlage aus- und die Heizung angeschaltet.
Erfolgreich passieren wir die Grenze nach Argentinien.
Der Cruiser stinkt zwar immer noch ziemlich versengt, aber er fährt sich normal und scheint keine größeren Schäden davon getragen zu haben!

Allmählich können wir die tolle Landschaft wieder genießen und aufgrund der niedrigeren Höhe (und der Tatsache, dass wir keinen Kolbenfresser haben) auch wieder besser durchatmen.

Wir folgen der „Ruta de Seimiles“, Straße der Sechstausender, mit spektakulären Ausblicken auf 14 der 16 höchsten Berge Südamerikas…


Am Abend kommen wir total erschöpft im argentinischen Fiamballa an, gönnen uns ein Bad in einem der warmen Thermalbecken und fallen anschließend todmüde ins Bett – was für ein Tag!!!
Den folgenden Tag nutzen wir zum Cruiser checken, Wäsche waschen, Baden in den Thermen und Ausruhen.

Weiter geht es durch die schönen nordargentinischen Provinzen Tucuman, Salta und Jujuy.
Wir legen wieder einen Zwischenstopp in Cafayatte ein, fahren über die Quebrada de Cafayatte nach Salta…

… und von dort aus in die Schlucht der Farben, die „Quebrada de Humahuaca“.
In Purmamarca, einem kleinen Ort mitten in der Schlucht, verbringen wir einige Tage und machen Ausflüge in die Umgebung.

Auf dem Campingplatz lernen wir Deivi & Carol samt Töchtern kennen. Sie stammen aus Kolumbien, wohnen und arbeiten aber zur Zeit in Ecuador und sind zu Viert mit ihrem Fiat 147 und selbstgebasteltem Anhänger in Argentinien unterwegs. Eigentlich befinden sie sich auf dem Rückweg nach Ecuador, aber da sie leider ein Problem mit dem Motor haben, sind sie in Purmamarca hängengeblieben…
Wir kommen schnell in Kontakt und können vollen Herzens mitfühlen… mit Motorproblemen kennen wir uns bestens aus! Zum Trost gibt´s abends ein gemeinsames Essen mit Fernet-Cola. Geteiltes Leid ist halbes Leid!

 

Deivi erzählt uns, dass er und Carol als Friseure arbeiten. Neben seiner freiberuflichen Tätigkeit unterrichtete er auch angehende Friseure und Stylisten (deshalb haben sie auch ein bisschen Zeitdruck, da er rechtzeitig zu Schuljahresbeginn wieder in Ecuador sein muss…).
Als er uns Fotos von seiner Arbeit zeigt, fallen wir fast vom Hocker: Deivi und Carol stylen Models für Hochglanzmagazine, Videos, Modeschauen u.ä. – teilweise mit sehr ausgefallenen Frisuren, Bodypainting und allem Pipapapo!

Da wir zeitnah auf der chilenischen Seite unseren „Wicked Camper“ abgeben müssen, haben wir mittlerweile auch etwas Zeitdruck.
Um nach San Pedro de Atacama zu kommen, müssen wir wieder über die Hochanden fahren und zwar über den Paso de Jama (4700m).
Diesmal sind wir besser gegen die Höhe gewappnet. In unserem Gepäck befinden sich jetzt: Coca-Blätter, -Bonbons und -Tee.
Ganz leise werden Erinnerungen an die vorangegangene Passüberquerung wieder wach…mal schauen…

Aber unser guter Cruiser tuckert unaufgeregt und brav alle Serpentinen hoch und wieder runter!

Wir passieren den Zoll (die Formalitäten dauern diesmal schlappe zweieinhalb Stunden), fahren durch Schneeschauer, an Salzlagunen vorbei und kommen im Regen in der Atacama-Wüste, eigentlich eine der trockensten Wüsten der Welt, an.

Am späten Nachmittag geben unseren „Wicked Camper“ in San Pedro de Atacama ab und suchen uns vor Ort eine feste Unterkunft.

San Pedro de Atacama, eine kleine Siedlung mit etwa 1000 regulären Einwohnern, liegt in einer fruchtbaren Oase und war schon lange vor Ankunft der Spanier ein wichtiges Zentrum für die Indios.
Das heutige San Pedro stammt größtenteils aus der Zeit um 1760.

Von hier aus machen wir verschiedene Ausflüge vor Ort.

Einer dieser Ausflüge führt uns zu einem der schönsten Naturerlebnissen Chiles:
und zwar auf das 4.320 m hoch gelegene Geysirfeld Tatio, das ca. 100 km von San Pedro entfernt liegt. Da die Dampffontänen nur in der Morgendämmerung zu sehen sind, beschließen wir auf halber Strecke die Nacht zu verbringen und morgens früh weiterzufahren. Wir haben im Fahrzeug nur zwei Schlafgelegenheiten und so wird dies eine reine Vater-Sohn-Veranstaltung.


Auf dem Weg zu unserer Übernachtungsstelle auf 3300 m nehmen wir beim Trampen den Bauer Bartolomeo mit. Er will seine Ziegen in den Bergen zusammentreiben, um sie vor dem sich ankündigenden Gewitter zu schützen.
Welches Gewitter? Es sieht überhaupt nicht nach Regen aus… Wir wählen aber dennoch einen sicheren Übernachtungsplatz, auf dem wir nicht von herabstürzenden Wassermassen überrascht werden können.
Nach einer kleinen Wanderung in der näheren Umgebung gehen wir früh ins Bett – wir müssen ja um 4:30 Uhr schon wieder weiter … und der Weg soll nicht der Beste sein…
Die Nacht ist sehr kurz. Um uns herum donnert und blitzt es – aber wir sind aber selbst nicht vom Unwetter betroffen.

Am nächsten Morgen fahren in absoluter Dunkelheit und bei Nebel los. Der Weg wird immer schlechter, der Nebel immer dichter und es geht nur noch im Schritttempo voran.
Lenny leuchtet mit der Taschenlampe die rechte Wegseite ab, damit wir nicht den Abhang runter fahren. Hier nutzen selbst meine tollen LED-Scheinwerfer nix! Nach ca. 3,5 Stunden kommen wir endlich am Geysirfeld an und werden von den freundlichen Parkwächtern mit einem gewissen Erstaunen begrüßt: Wie habt Ihr den Weg hier herauf fahren können? Ist der Weg überhaupt noch zu befahren?

Wie dem auch sei – wir sind jedenfalls an diesem Tag so ziemlich die Einzigen und können ungestört unseren Plan umsetzen und ein paar Eier (in Herrensocken, Größe 44) im sprudelndem Geysirwasser zum Frühstück kochen.

 

Auf dem Rückweg nach San Pedro sehen wir jetzt erst bei Tageslicht, dass der Weg an einigen Stellen weggespült ist…. und der Cruiser hat uns bei Nacht und Nebel trotzdem sicher durchgeführt. Gutes Auto!

Bei einem kurzen Abstecher in ein Seitental können wir entlang des Flusslaufs etliche Tiere beobachten …

Vizcacha – eine Chinchilla-Art… sieht Vorne aus, wie ein Kaninchen, hinten hat´s einen Ringelschwanz und hüpft wie ein Känguru…

 

 


Zu guter Letzt machen wir noch bei Bartolomeo einen kurzen Halt und kaufen 2 kg äußerst leckeren Ziegenkäse – er konnte seine Tiere noch rechtzeitig in Sicherheit bringen!

 


Ehe wir uns versehen, ist die gemeinsame schöne Reisezeit mit Lenny schon zu Ende und wir müssen ihn wieder zum Flughafen (diesmal nach Calama) bringen, von wo aus er über Santiago den Rückflug nach Deutschland antritt. Tschüss Lenny!

Da das Wetter in San Pedro besser geworden ist, bleiben wir noch einige Tage und schauen uns anschließend noch ein bisschen in der Gegend um.
Wir besuchen u.a. ein kleines, aber sehr interessantes Meteoritenmuseum, die „Cordillera del Sal“ und das „Valle de la Luna“.

 

 

 

Chile / Mitte

Von Puerto Montt aus geht es in den „kleinen Süden“: in das Land der Araukarien, Vulkane und Seen. Es ist auch das Gebiet der Mapuche, die hier bis heute um ihr Land kämpfen.

Am Westufer des Lago Llanquihue fahren wir bis nach Frutillar.

Frutillar ist der Einfluss der deutschen Auswanderer, die sich hier Ende des 19.Jahrhunderts niederließen, anzusehen:
in den Vorgärten stehen Gartenzwerge, die Häuser sind pittoresk herausgeputzt und nachmittags gibt es vielerorts Kaffee und Kuchen.

Wir kommen zufällig in der Zeit der „Semanas Musicales“ an und damit in den Genuss, zwei klassische Konzerte im „Teatro del Lago“ zu besuchen.
Der Bau aus Glas und Holz direkt am Ufer des Sees mit Blick auf den Vulkan Osorno ist beeindruckend schön und hat eine tolle Akustik!

Beim abendlichen Konzert treffen wir auf Gabi, Jürgen, Conny und Georg aus Deutschland.

Wir tauschen uns über Reiseerfahrungen in Südamerika aus und bewundern am nächsten Tag gegenseitig unsere Reisemobile.
Über Gabi und Jürgen, die beide ebenfalls einen alten Toyota fahren, bekommen wir Kontakt zu Edgardo, einem absolut toyotabegeisterten Chilenen. Und da wir wieder ein klitzekleines Problem mit unserem Landcruiser haben (Zwischenfall mit einer Gabione…), setzen wir uns kurzerhand mit ihm in Verbindung. Später dazu mehr.

Leider sind aufgrund der zahlreichen Waldbrände die meisten Nationalparks in diesem Sommer in Zentralchile geschlossen.
Daher fahren wir auf Empfehlung (s.o.) zunächst einmal weiter nach Villarica und übernachten dort am Fuß des gleichnamigen Vulkans.
Der Vulkan kam Anfang 2015 in den Schlagzeilen, als er spektakulär ausbrach: Asche, Lava, Rauch flogen weit durch die Luft, Gegenden am Fuß des Vulkans wurden evakuiert. Er ist weiterhin aktiv, was nachts besonders schön aussieht, wenn rötlicher Rauch aus dem Krater aufsteigt und sich darüber der sternenklare Nachthimmel spannt (leider mit unserer Kamera nicht zu fotografieren…)- aber der Anblick tagsüber ist auch nicht schlecht!

Über Temuco, dessen berühmten Markt wir leider nicht besuchen können, da er in diesem Jahr abgebrannt ist, geht es weiter nach Concepcion.

Concepcion ist die zweitgrößte Stadt Chiles und das wichtigste Industriezentrum des Landes.
Die Geschichte Concepcions ist lang und voller Katastrophen: Mapuche-Aufstände und immer wieder schwere Erdbeben haben kaum etwas von der historischen Substanz der Stadt, die immerhin schon 1550 gegründet wurde, übrig gelassen. Als würde das nicht schon reichen, ist Concepcion natürlich auch von den aktuellen Waldbränden betroffen! Am Stadtrand sind verkohlte Baumstämme und Felder zu sehen… wir werden später erfahren, dass noch bis vor ein paar Tagen dicker Qualm über der Stadt lag.

In Concepcion wollen wir uns mit Edgardo, dem Fachmann für alte Toyotas treffen. Vermutlich muss der Führungsarm am Cruiser gerichtet bzw. ersetzt werden und wir erhoffen uns von ihm Hilfe.
Da Concepcion ziemlich groß ist, wählen wir als Treffpunkt ein großes Einkaufszentrum, müssen aber feststellen, dass es davon mehrere in der Stadt gibt, das dazugehörige WIFI nicht funktioniert, unsere chilenische SIM-Karte zu allem Überfluss auch noch spinnt…aber irgendwie findet uns der gute Edgardo nach einigem Hin und Her trotzdem!

Mit seinem alten VW-Käfer fährt er auf dem Parkplatz vor, begrüßt uns kurz, legt sich direkt unter unser Auto, begutachtete den Schaden, geht an seinen Kofferraum und und holt dort einen gebrauchten „ Führungsarm“ raus. Ist zwar von einem 80er-Modell, müsste aber nach seinem Wissen und nach einer ausführlichen Recherche in diversen Internetforen auch für unseren HZJ 78 passen – hat er kurzerhand über einen Freund in Valparaiso organisiert.

Edgardo ist unser Sechser im Lotto!!! Er ist nicht nur ausgesprochen nett und hilfsbereit, zeigt uns die Gegend und lässt uns auf seinem Grundstück übernachten, sondern verfügt auch über unglaubliche Fachkenntnis, viele Kontakte und kennt eine Werkstatt, die den Schaden beheben kann. Wir sind restlos begeistert!

Den nächsten Tag verbringen wir gemeinsam in der Werkstatt: der Querlenker wird ausgebaut, das gebrauchte Ersatzteil passend gemacht, die Spurstange gerade gebogen, alles wieder zusammengebaut, zwischendurch baut ein Werkzeugmacher uns ein passendes Werkzeug…

Vorher

Nachher

In einem ruhigen Moment nimmt mich der Chef der Werkstatt zur Seite und fragt mich, ob wir überhaupt wüssten, wieviel Glück wir hätten: Edgardo sei chileweit der Einzige, der besondere Toyota-Ersatzteile besorgen könne und über das nötige Wissen verfüge, was wie wo passt. Außerdem sei es normalerweise schwer, ihn überhaupt zu fassen zu bekommen – sein Spitzname sei „Fantasma“, da er überall und nirgends sei.


Ja, wir wissen wieviel Glück wir mit ihm haben!
Nach einem halben Tag in der Werkstatt ist alles repariert: unser Cruiser lenkt sich wieder wie gehabt. Wir verabschieden uns dankbar und fahren weiter in Richtung Landeshauptstadt. Santiago wir kommen!

Santiago de Chile: Hauptstadt Chiles und sowohl geografisch als auch kulturell das Zentrum des Landes. Hier leben mehr als 6 Millionen der knapp 18 Millionen Chilenen.

Unsere Anlaufstelle in Santiago ist der Stadtteil Maipu, wo die Eltern unseres Freundes Daniel wohnen.
Obwohl Nora und Victor uns nicht wirklich kennen und keine Ahnung haben, was auf sie zukommt, werden wir sehr herzlich und offen aufgenommen!
Vor dem Abendessen gibt es zuerst einmal einen von Victors berühmten Pisco Sours – sehr lecker!

Am nächsten Tag fahren wir gemeinsam zum Flughafen.
Wir holen dort Lenny ab, der uns in unserem Sabatical besucht und mit uns die nächsten vier Wochen reisen wird.

Die Zeit bei Nora und Victor vergeht wie im Fluge!
Sie kümmern sich rührend um uns Drei: zeigen uns die Sehenswürdigkeiten Santiagos, bekochen uns, Victor organisiert u.a. einen Revisionstermin in der KFZ-Werkstatt, Nora bessert für uns uns ein paar Kleidungsstücke aus, wir bekommen Hilfe beim weiteren Organisieren unserer Reise u.v.m.!

 

Als kleines Dankeschön, werden die beiden an einem Abend zur Abwechslung mal von uns bekocht!

 


Karamba, was für eine schöne Zeit mit zwei liebenswerten Menschen, guten Gesprächen, viel Spaß & leckerem Pisco!!!

 

Und schon geht´s wieder weiter.
Valparaiso wartet auf uns. Ist vielleicht nicht die schönste Stadt Chiles, aber auf jeden Fall interessant und durch die zahlreichen Graffittis ziemlich bunt. Hier liegt der wichtigste Frachthafen Chiles.

Das Beste an Valparaiso sind seine Hügel, von denen man die pazifische Bucht bis zum Nachbarort Vina del Mar überblicken kann.


Mit Fahrstühlen, die Passagiere in einer Art Zahnradbahn bergauf und bergab transportieren, besuchen wir die verschiedenen Stadtviertel. Vom Paseo Garvasoni, mit seinen historischen Häusern aus dem 19. Jahrhundert bietet sich ein schöner Blick auf die Stadt.

Nach drei Tagen verlassen wir Valparaiso mit gemischten Gefühlen: da es ein touristischer Hotspot ist, haben wir hier auch Touristennepp erlebt… d.h. überzogenen Preisvorstellungen und ein paar „merkwürdige“ Begegnungen… Schade! Diese Erfahrung mussten wir bisher auf unserer gesamten Reise noch nirgends machen!

Zurück geht es nach Santiago, um einen zweiten Camper anzumieten, denn wir wollen zu Dritt weiter in den großen Norden reisen und müssen dafür entsprechend mobil sein.

Chile / großer Süden

Wir kreuzen die Grenze bei Cerro Castillo und fahren über die „Ruta al fin del mundo“ („Straße am Ende der Welt“) ins südchilenische Puerto Natales.

Das kleine Städtchen liegt malerisch an einem Fjord mit Blick auf die patagonischen Anden.

Unser Ziel ist der Nationalpark „Torres del Paine“.
Bedingt durch das nahe Inlandseis gibt es hier ausgeprägte Mikroklimate: während die Steppe im Osten in strahlenden Sonnenschein liegt, kann es wenige Kilometer westlich heftig regnen oder hageln. D.h. u.U. erlebt man alle vier Jahreszeiten an einem einzigen Tag.
Die Landschaft wurde von den Eismassen des großen „Campo Hielo Sur“ modelliert, das während der letzten Eiszeit wie ein Panzer über dem Land lag. Nur die höchsten Gipfel ragten aus dem Eiskuchen, so dass das weichere Sedimentgestein erodierte, während der harte Granit stehenblieb. Inzwischen hat sich das Eis bis auf vier Gletscher zurückgezogen.

Auf mehreren Wanderungen können wir die raue Schönheit des Parks und natürlich die markanten Granitnadeln, die zweifarbigen Torres und Cuernos del Paine, bewundern.

 

Da wir weiter auf chilenischer Seite über die berüchtigte „Carretera Austral“ bis nach Puerto Montt fahren wollen, müssen wir einen ca. 700 km langen Umweg über Argentinien in Kauf nehmen.Hört sich merkwürdig an, ist aber so.

Es fehlt nämlich ein kleines (ca. 30 km) aber entscheidendes Verbindungsstück vom chilenischen NP Torres del Paine zur chilenischen Carretera Austral, das vom Nationalpark aus zwar gewandert oder geritten, aber leider definitiv nicht mit dem Auto gefahren werden kann…
(Die einzige Möglichkeit, sich die Fahrt durch die argentinische Pampa zu sparen, wäre eine Autofähre, die seit diesem Jahr Puerto Natales mit Puerto Yungay verbindet – aber diese Fähre ist leider schon seit Monaten ausgebucht.)

Ok. Also steigen wir wieder in den Cruiser und fahren zwei Tage lang durch die Pampa zurück…

Bevor wir endlich die Grenze am einsamen „Paso de Roballos“erreichen, verbringen wir noch eine Nacht in der Wildnis.

Das Grenzhäuschen liegt mitten im Nichts und wird von zwei argentinischen Grenzbeamten verwaltet. Nachdem die Formalitäten erledigt sind, nehmen wir einen netten Jogger mit, der eine Mitfahrgelegenheit sucht. Der argentinische Zollbeamte zwinkert uns zu und bemerkt, dass uns gerade die Ehre zuteil wird, den Chef des lokalen chilenischen Grenzbatallions zu transportieren.
Und so lernen wir Claudio kennen.
Und es stimmt. Claudio ist Chef des gesamten Militärstützpunkts, der genau aus einer Person, nämlich aus ihm, besteht. Er hält hier auf chilenischer Seite die Stellung für sein Vaterland: d.h. er kümmert sich um sämtliche Gebäude, pflegt die Außenanlagen, schaut, dass alles funktioniert. Vor Jahrzehnten war dieser Militärposten mal mit Dutzenden von Soldaten belegt, aber schon seit geraumer Zeit lebt und arbeitet er hier alleine.

Um nicht total zu versauern, joggt er regelmäßig zu den benachbarten Grenzhäuschen, um hie und da mal ein Schwätzchen zu halten oder einen Mate zu trinken.
Als Dank fürs Fahren, lädt Claudio uns zum Frühstück ein. Da sagen wir nicht Nein! Über eine Stunde lang tauschen wir uns aus und Claudio bedauert, dass die Touristen, die hier vorbeifahren leider nie anhalten. Wir wären die ersten, die ihn besuchen. Auf unseren Vorschlag hin, doch ein Schild mit „Hier gibt´s Frühstück“ hinzustellen, schüttelt er den Kopf. Das darf er dann doch nicht. Schade eigentlich!

Weiter geht es zum nächsten chilenischen Nationalpark. Unterwegs läuft uns schon mal ein kleines Gürteltier über den Weg.

Nach ein paar Kilometern legen wir einen kleinen Zwischenstopp ein und pflücken Calafate-Beeren für unser Müsli. Die Beeren schmecken wie eine Mischung aus Heidelbeeren und schwarzen Johannisbeeren, haben allerdings ziemlich viele Kerne. Man sagt, wer je Calafate gegessen hat, wird immer wieder nach Patagonien zurückkehren…

Der „Parque Patagonia“ liegt wunderschön zwischen sanften grünen Hügeln mit Blick auf schneebedeckte Berge und Unmengen von Vicunas.
Es gibt zahlreiche Wanderwege zu Wasserfällen und Lagunen.

Er ist ein Projekt der Witwe von Douglas Tompkins (Gründer von Northface und Esprit) und zur Zeit noch in privater Hand. Geplant ist aber, dass sich dieser Park in naher Zukunft binational über Chile und Argentinien erstrecken und dann in staatliche Hand übergeben werden soll.

Auf dem Campingplatz müssen wir uns wieder etwas genauer mit unserem Cruiser befassen und erregen damit die Aufmerksamkeit von Fernando und Andrea aus Buenos Aires, die hier ebenfalls zelten.
Wir kommen ins Gespräch und Fernando erzählt, dass er einen alten Landrover besitzt, an dem er auch immer wieder was schrauben muss. Über die paar Tropfen Ölverlust, die wir vermuten, kann er nur müde lächeln. So was sei doch ganz normal, kein Grund zur Sorge…immer diese überbesorgten Deutschen… – ob wir übrigens die Folge der Simpsons über die überbesorgten Deutschen kennen würden…wäre total super…
Wir verabreden uns kurzentschlossen für später im parkeigenen Restaurant und verbringen einen sehr vergnüglichen und kurzweiligen Abend mit den beiden.

Als wir am nächsten Morgen aufstehen, blickt uns eine sehr dicke, sehr dunkle Wolkenwand drohend entgegen. Das sieht nicht gut aus – eigentlich wollten wir die Lagunenwanderung machen, aber angesichts des Wetters sehen wir davon ab… zu präsent haben wir noch die Schilderung von Fernando und Andrea im Ohr, die am Tag davor selbige Tour fünf Stunden im Regen gewandert sind…

Also fahren wir mit dem Cruiser weiter und erreichen am Parkausgang die Carretera Austral. Sie scheint ihrem Ruf, ein richtiges Regenloch zu sein, alle Ehre zu machen!

(Kleiner Exkurs „Carretera Austral“ (Ruta 7): ursprünglich ein Projekt des Diktators Pinochet, der damit weite Teile Nordpatagoniens erschließen wollte, die bis dahin nicht oder nur mit Schiff zugänglich waren. Begonnen wurde mit dem Bau der 1240 km langen Straße in den 70ger Jahren, zahlreiche Flüsse und Bäche mussten dabei überbrückt werden und mittlerweile ist sie bis zu zu 40% asphaltiert. Da die chilenischen Regierung die gesamte Strecke bis 2019 asphaltiert haben möchte, gibt es z. Zt. unterwegs entsprechend viele Baustellen.)

 

Es geht (im Regen) vorbei an Wäldern, Baustellen, Moorlandschaften, Baustellen, grünen Gletscherflüssen, Baustellen bis zum Lago General Carrera.

Dort übernachten wir in Puerto Rio Tranquillo auf einem ziemlich gut besuchten Campingplatz – hier soll es die beste Internetverbindung im Dorf geben. Das stimmt zwar, aber dafür muss man schon morgens um 5:30 online gehen, bevor die übrigen Gäste wach sind, sonst ist das Netz nämlich komplett überlastet und nichts geht mehr!

Per Boot machen wir am nächsten Morgen einen Ausflug zu den „Capillas de Marmol“.

Weiter geht´s über Villa Cerro Castillo und Coyhaique (wo wir unsere Fährtentickets für ein Teilstück der Carretera Austral kaufen) in den Parque Nacional Queulat mit seinem dichten, grünen Urwald, Flüssen und Gletschern.

Wir wandern hier zum Highlight der Region: dem Gletscher „Ventisquero Colgate“, der mehrere hundert Meter drohend über einem Gletschersee hängt.

Der Weg dorthin führt zunächst über eine Hängebrücke, dann durch dichten patagonischen Regenwald immer berghoch und diesmal wandern wir wirklich fünf Stunden im Regen.

Leider ist der Blick auf den Gletscher aufgrund der Wetterlage ziemlich bescheiden, aber auf dem Rückweg entdecken wir immerhin ein paar große, rotköpfige Spechte in den Baumkronen.

Am Lago Yelcho vorbei geht es nach Chaitén, dem Ort der 2008 wegen eines Vulkanausbruchs komplett evakuiert, anschließend vollständig zerstört und daraufhin wieder an selbiger Stelle komplett aufgebaut wurde.

Wir wollen weiter zum nördlich von Chaitén gelegenen Parque Pumalin, einem der größten privaten Naturschutzparks der Welt, ebenfalls gegründet von dem verstorbenen nordamerikanischen Millionär Douglas Tompkins.
Ziel des Parks war u.a. der Schutz der patagonischen Regenwilder – daher hatte Tompkins zu Beginn seines Engagements gegen heftigen Widerstand der Holzindustrie zu kämpfen, die natürlich um ihre Pfründe fürchteten.

Auf über 2900 qkm erstrecken sich fast unberührter Wald, Flüsse, Gletscher, Fjorde, Wasserfälle und Vulkane.
Ebenso vielfältig wie die Landschaft, sind auch die Wandermöglichkeiten.
Der „Sendero los Alerces“ führt z.B. durch einen tausendjährigen Alercenwald, überall wachsen filigrane Moose und Farne.

Mit der Fähre geht es von Caleta Gonzalo, dem touristischen Zentrum des Parks, über einen Fjord weiter bis nach Hornipirén – dieser Teil der Strecke gehört auch zur Carretera Austral, eine alternative Straßenverbindung gibt es hier nicht.


Unterwegs beobachten wir Pelikane und hin und wieder Pinguine, die sich von den Wellen hin und her schaukeln lassen.

Das letzte Teilstück der Carretera Austral bis Puerto Montt fahren wir wieder auf dem Landweg und lassen damit den wilden, regenreichen und unberührten großen Süden Chiles hinter uns.

Chile

Chile reicht mit einer Länge von 4300km von der Antarktis bis in fast tropische Breiten.
Man findet hier alles: eine der extremsten Wüsten, liebliche Gartenlandschaften, Vulkanismus, undurchdringlichen Regenwälder – dabei ist das Land im Durchschnitt gerade mal 180km breit.

Da hier an der Westküste Südamerikas drei Erdplatten aufeinandertreffen, gibt es in Chile vielerorts heiße (Thermal-) Quellen und überdurchschnittlich häufig Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche.
Das große chilenische Erdbeben im Dezember 2016 (8,2) ist für uns selbst in Argentinien noch mit einer Stärke von 5,5 zu spüren!
Als wäre das Land nicht schon genug durch Naturgewalten gebeutelt, kommen 2017 noch große Waldbrände dazu… allerdings sind diese von Menschenhand gemacht.

Aber die Chilenen scheint trotzdem wenig zu schocken – sie gehen gelassen mit den alltäglichen Katastrophen um!