Bolivien/ Natur & Kultur

Über eine landschaftlich reizvolle Strecke gelangen wir zum Nationalpark „Torotoro“. Da Fahrten auf „landschaftlich reizvollen Strecken“ meistens ziemlich zeitaufwendig sind, legen wir unterwegs noch eine Übernachtung im Grünen ein, bevor es am nächsten Morgen weitergeht.

Mit seinen 165 Quadratkilometern ist „Torotoro“ zwar der kleinste aller bolivianischen Nationalparks, aber auch einer der schönsten! Er erstreckt sich über Höhenlagen von 1900 – 3600m.
(Das Wort „Toro-Toto“ kommt übrigens aus der Sprache der Aymara und bedeutet so viel wie „Matsch-Matsch“, also „viel Matsch“. Aus eigener Erfahrung können wir bestätigen, dass der Name passend gewählt wurde!)

Hauptattraktion des Parks sind rund 2500 versteinerte Dinosaurierspuren, die über 60 Millionen Jahre alt sind und von verschiedenen Arten der Urgiganten hinterlassen wurden.
Da der Park kaum Forschungsgelder bekommt und sich die Parkguides ihr Wissen über die Jahre daher größtenteils selbst (seit vier Jahren gibt es hier Internet) bzw. mit Hilfe von fachkundige Touristen aneignen mussten, gibt es hier für Archäologen noch viel zu entdecken! Die Hügel, die das Dorf Torotoro umgeben sind mit Spuren übersät!

Noch faszinierender als die versteinerten Spuren finden wir die Landschaft dieser Gegend mit ihren tiefeingeschnittenen Tälern und den bunt aufgefalteten Gebirgsketten!

 

 

Auf unseren Wanderungen besuchen wir die „Ciudad de las piedras“ (Stadt der Steine)…

…und steigen unerschrocken in die (stockfinstere) Tropfsteinhöhle Umajalanta.
Nun ist ganzer Körpereinsatz gefragt: wir krabbeln, rutschen und klettern über den schmierigen Höhlenboden. Bis zum Höhlensee, in dem blinde Katzenfische leben, kommen wir aber nicht, weil wir uns in der Regenzeit befinden und ein Teil der Höhle daher nicht zugänglich ist.

Und weiter geht´s…

Da auf dem Land gute Busverbindungen bekanntermaßen dünn gesät sind, nehmen wir auf unserem weiteren Weg durch Zentralbolivien, immer mal wieder Anhalter mit – mal mit mehr, mal mit weniger Gepäck…

In diesem Fall nehmen wir eine Marktfrau zur nächsten größeren Stadt mit – was in dem blauen Sack drin war, ist uns immer noch ein Rätsel… es hat auf jeden Fall noch tagelang ziemlich streng im Auto gerochen…

Im Osten des Altiplano besuchen wir eines der wichtigsten bolivianischen Inkabauwerke, die Inka-Ruinen „Incallajta“ („Land des Inka“).

Hierhin verirren sich nur wenige Touristen. Die Bolivianerin, die uns die Parktickets verkauft, hat daher zwischendurch genügend Zeit, Alpaca-Wolle mit Hilfe einer Handspindel zu Garn aufzuwickeln. (Das Textilhandwerk und das Weben im Andenraum wird seit Tausenden von Jahren praktiziert (ältester Fund: 2500v. Chr.!), und einige Techniken, wie das Aufwickeln der Wolle zu Garn, blieben seitdem unverändert!

Die Inka waren eine Herrscherdynastie im mittleren Andenraum (1200 n.Chr. – 1572 n. Chr.), deren gewaltiges Reich die heutigen Länder Ecuador, Peru, Bolivien sowie Teile von Argentinien und Chile umfasste.
In Incallajta befand sich einst der südöstlichste Außenposten des Inkareichs. Die Anlage wurde um 1460 gebaut und aufgrund ihrer strategischen Lage – Begrenzung auf der einen Seite durch einen Fluss und auf der anderen durch eine Felswand – gut zu verteidigen.
Um 1525 wurde Incallajta von den Inka wieder aufgegeben, 1914 wurde sie wiederentdeckt und 1988 bolivianisches Nationalmonument.

Wir besichtigen die Anlage gemeinsam mit unseren französischen Freunden Marie-Francoise & Jean-Michel, ihres Zeichens furchtlose Defender-Offroad-Fahrer, Speälologen (Höhlentaucher) und Gourmets.

Am Abend wird gemeinsam gegrillt & Pisco getrunken & im Anschluss musiziert…

 

Ein weiteres kulturelles Highlight auf unserer Bolivien-Reise, an der Grenze zu Peru und in direkter Nähe zum Titicacaee gelegen, ist die präkolumbische Kulturstätte, Tiwanaku, seit dem Jahr 2000 Weltkulturerbe.

Die Tiwanaku-Kultur, auf einen Zeitraum von 1000 v. – 1000 n. Chr. datiert, beeinflusste über einen Zeitraum von 2000 Jahre (!) das heutige Peru, Bolivien und den Norden Chiles und verschwand dann plötzlich auf ungeklärte Weise.
V.a. die innovativen Erfindungen der Tiwanaku beeindrucken bis heute: sie erfanden Verfahren zum Gefriertrocknen von Kartoffeln und zum Trocknen von Fleisch, legten spezielle Hochfelder (Sukakullos) an, die (heute noch) wesentlich ertragreichere Ernten ermöglichen als herkömmliche Felder, entwickelten ausgeklügelte Bewässerungsverfahren und verbanden als einzige amerikanische Kultur Steinstrukturen mit Bronzeklammern.
D.h. es gelang ihnen mit Hilfe o.g. ausgeklügelter landwirtschaftlicher Techniken nicht nur auf einer unwirtlichen 3800m hohen Hochebene zu überleben, sondern auch Überschüsse zu erzeugen, mit denen sie Handel treiben konnten.

Man vermutet, dass es sich bei der Stätte sowohl um die politische Hauptstadt der Tiwanaku als auch um ihr wichtigstes religiöses Zentrum handelte.
Die gesamte Anlage erstreckte sich in ihrer Blütezeit über 5 Quadratkilometer, war von weiteren 80 Quadratkilometern Agrarfläche umgeben und wahrscheinlich lebten hier bis zu 100 000 Menschen! Von den zahlreichen Lehmziegel-Häusern, die die Stadt umgaben ist kaum etwas übrig geblieben, aber Reste der Gebäude aus Basalt und Sandstein sind noch auf dem Gelände vorhanden – man weiß bis heute nicht, wie die Tiwanaku die teils mehr als 100 t schweren Gesteinsbrocken aus den kilometerweit entfernten Steinbrüchen hierher transportieren konnten.

Berühmtestes Bauwerk auf dem Gelände ist das große Sonnentor, das aus einem einzigen 2,80m hohen und 3,80m breiten Steinmonolith gehauen wurde. Das Tor stellt die Figur des Schöpfergottes (Thunupa) dar: der Kopf ist von einem Strahlenkranz umgeben und in den Händen hält er Zepter, deren Enden mit Kondor- (Symbol für Himmel) und Schlangenköpfen (Symbol für Unterwelt) versehen sind. Von seinen Armen hängen Menschenköpfe…

Leider ist insgesamt nicht mehr viel von der gewaltigen Anlage übrig – noch im letzten Jahrhundert wurden Steinblöcke der Anlage gesprengt, um sie als Baumaterial für Häuser bzw. für den Bau der nahegelegenen Eisenbahnlinie zu benutzen…

Auch wenn die Tiwanaku-Kultur vor über 1000 Jahren verschwunden ist, ist die Stätte heute immer noch ein wichtiges Symbol für die Aymara, die hier zur Wintersonnenwende ihren Berggöttern Opfer bringen.